Kraftorte Yoga 3

Der Traum eines Fußballspielers

Fußball im Jahr 2014: Der amerikanische Fußballnationalspieler John Anthony Brooks berichtet nach dem Schlusspfiff im Fernseh-Interview von seinem Traum zwei Nächte vor dem Spiel gegen Ghana: Er habe geträumt, wie er in der 88. Minuten eingewechselt würde und dann das Siegtor zum 2:1 erzielen würde.

Im Spiel USA – Ghana wird Brooks tatsächlich von seinem Trainer Jürgen Klinsmann in der 86. Minute eingewechselt. Und anschließend gelingt ihm der Siegtreffer zum 2:1 für seine Mannschaft. Also zwei Minuten zu früh, kommentiert der Reporter lakonisch.

Vor etlichen Jahren berichtete ein Fußballspieler des VFB Stuttgart von einem ähnlichen Traum. Er sah im Traum den Ball von der Eckfahne kommen und anschließend schoss er ein sehr wichtiges Tor. Am Tag darauf wiederholte sich das Ganze, diesmal aber in der so genannten Realität. Damals war ich als Zuschauer mit im Stadion. Von dem ungewöhnlichen Traum erfuhr ich erst aus der Zeitung.

Traum und visionäre Kraft

Aus der Perspektive der naturwissenschaftlichen Weltbetrachtung ist das Ganze eine schöne Kuriosität. Yogins wie z. B. Swami Satyānanda haken aber hier ein und stellen die Frage nach dem Ursprung solcher Bilder. Genau besehen behaupten sie, gehe jede Erfindung in Wissenschaft und Kunst, Musik und Religion auf Momente einer tiefen Entspannung oder der Meditation zurück. Und bei jeder menschlichen Aktivität, also auch beim Fußball, käme es gelegentlich zu tieferen Pausen unseres normalen Denkens, in denen Visionen aus der Tiefe unserer Seele aufsteigen könnten. Eine Technik, die Yoga als Anbahnung dafür anbietet, heißt Yoga-Nidra. Yoga-Nidra ruft angeblich den Traumzustand in uns wach.

Yoga und Kraftorte

Gibt es nun innere oder äußere Orte, die uns für solche blitzartigen Eingebungen öffnen? Gibt es so etwas wie Kraftorte zur Erleichterung von Konzentration? Yogins meinen neben der Übungsform Yoga-Nidra mindestens Haltungen (Āsanas) dafür gefunden zu haben. Körperhaltungen in Verbindung mit intensiver Atembeobachtung, die geeignet wären, der visionären Kraft in uns einen Weg zu bahnen. Wenn wir nun einen Raum oder auch ein Gebäude dafür einrichten, um dort immer wieder Meditation und Yoga zu üben, würde der äußere Raum mit der Zeit eine meditative Atmosphäre entwickeln. Der Raum würde mit der Zeit zum äußeren Kraftort (s. dazu auch das Video vom Marienheilgarten).

Yoga lehrt aber v. a. die Fähigkeit zur Sammlung auf „innere Orte“. Yoga lehrt die Hinwendung nach innen, also die Konzentration auf den Atem. Der Atem könnte mit der Zeit das Aufsteigen innerer Bilder erleichtern. Fähig wäre dazu jeder Mensch. Es wird vielleicht einige Zeit dauern, bis der Fußballspieler John Anthony Brooks wieder einen solch großartigen Traum erlebt. Aber der Instinkt in uns arbeitet vielleicht daran, und das immer, auch ohne Yoga. Was fehlt sind Orte und Gelegenheiten, sich zu zeigen. Genau hier beginnt dann der Yoga mit seinen Übungen. Yoga zeigt uns als erstes die uns am nächsten  stehenden Konzentrationsorte: Das wären gemäß alten Yogaüberlieferungen Orte in unserem Körper und v.a. in unserem Atem. Und über den Umgang mit dem Atem (=Prāņāyāma) bestünde dann auch wieder die Möglichkeit, äußere Orte und Räume anders einzuschätzen und gegebenenfalls als günstige Orte für Konzentration zu erkennen.